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Testflug

Event ID: 368

31 May 1917

51.526888289241434, 17.270509224927753
Militsch

Source ID: 10

Die Erinnerungen der Mutter des roten Kampffliegers Kunigunde Freifrau von Richthofen. Im Verlag Ullstein - Berlin, 1937.

Am 31. Mai kamen einige Herren aus Breslau im Flugzeug nach Schweidnitz, um Manfred abzuholen. Sie frühstückten bei mir und gingen hinterher zu den Maschinen. Für Manfred stand ein Einsitzer bereit, ein ihm unbekannter Typ. Vor dem Abflug fragte einer der Herren so leichthin: “Für diesen kurzen Flug willen Sie sich erst anschnallen – das tue ich nie.” – Manfred sagte: “Ich schnalle mich zu jedem überlandflug an.” Er legte die Gurte um sich und schloß die Schnallen. Unterwegs nun geschieht dies: Manfred läßt vorübergehend das Höhensteuer los, wie er es bei seiner Maschine oft macht und machen muß. Sie fliegt dann sozusagen von selbst weiter. Nun kannte er aber diesen Einsitzer nicht. Ehe er einen Gedanken fassen kann, fühlt er sich herumgerissen, spürt den klammernden Druck der Gurte auf seinem Leib, sieht die Erde wie einen Teller unter sich. Mit Händen und Füßen angelt er nach dem Steurknüppel – dann mit wenigen Griffen hat er das Flugzeug wieder in der Gewalt, in der normalen Lage. Was war passiert? – Während das Blut zum Herzen zurückströmte und das Denken sich ordnete, wurde er sich über den Vorfall klar. Die kopflastige Maschine war in dem Augenblick, als er das Steuer losließ, nach vornüber gegangen, bis sie mit den Rädern nach oben weiterflog. In 3000 Meter Höhe hing Manfred zwischen Himmel und Erde, nur noch gehalten von den Gurten. Fast wäre der Sieger in über fünfzig Luftduellen einem friedlichen Spazierflug zum Opfer gefallen. Von Breslau ging der Flug wieter nach Militsch; hier erwies sich noch einmal die Gunst der Vorsehung. Beim Start zum Rückflug streikte der Motor. Es trat ein längerer Verzug ein. Da brach ein jähes Unwetter hervor, das hinter den Wolken gelauert hatte; Gewitter, Hagel und Orkan wüteten zu einem tollen Inferno zusammen. Wehe dem Flieger, der in diesen Herenkessel geriet.

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