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Ein Besuch im Richthofen-Museum zu Schweidnitz

Event ID: 622

01 January 1938

Exact date of visit?
50.84890767354939, 16.476310886960174
Władysława Sikorskiego 19, 58-105 Świdnica, Polen
Swidnica
Schweidnitz

Source ID: 54

Richthofen, der beste Jagdflieger des großen Krieges, Italiaander, A. Weichert Verlag, Berlin, 1938

Wen jedoch der Weg ostwärts nach Schweidnitz führt, dem Geburtsort von Manfred von Richthofen, der möge das in seinem Elternhaus eingerichtete Richthofen-Museum besuchen, um sich an Hand der vielen wertvollen Erinnerungsstücke das bereits gewonnene Bild vom Leben und Sterben des Helden zu vervollständigen.

Das Richthofensche Elternhaus liegt etwas außerhalb der kleinen schlesischen Garnisonstadt, die einst friderizianische Festung gewesen ist. Man muß erst durch ein paar lange Straßen, über einen Bahnkörper hinweg und an einem kleinen Park vorbei, dessen Hauptanziehungspunkt ein würdiges Denkmal für den großen Sohn der Stadt ist. Alsdann trifft man auf die nach dem Helden benannte Straße, und an deren Ende erreicht man das Elternhaus Manfreds, eine größere, in einem Garten stehende hellgestrichene Villa, besonders auffallend durch ein Turmzimmer.

Kunigunde Freifrau von Richthofen hat das erste Stockwerk der Villa als Museum für ihre Söhne Manfred und Lothar eingerichtet. Sechs Zimmer und ein langer Korridor sind mit seltenen Kostbarkeiten angefüllt, die in hervorragendem Maße wert sind, eines Tages in eines der großen Berliner Reichsmuseen, zum Beispiel in das Zeughaus, geschlossen übergefürht zu werden.

Ich will nun anführen, was es hier alles zu sehen gibt! Im Treppenhaus treffen wir zuerst einmal eine reichhaltige Geweihsammlung, alter Familienbesitz. Wie wir hörten, war Manfred ein begeisterter Jäger. Schon in der langen Reihe seiner Ahnen sind viele bedeutende Weidmänner zu treffen.

Auf dem Korridor des ersten Stockwerks läßt uns ein kleiner Bilderrahmen aufmerken, hinter dessen Glas mit Siegellack zwei Vogelfedern befestigt sind. In kindlicher Schrift lesen wir: “Erste Ente, Romberg, 27. Dezember 1906.” Das sind also die ersten Jagdtrophäen des großen Fliegers!

Weiterhin sehen wir hier Manfreds Ulanensäbel, den Steigbügel eines seiner Pferde, der von einer Granate durchschlagen wurde. Das Pferd wurde getötet, Manfred fiel mit zerfetztem Umhang herunter.

Das erste Zimmer ist dann Lothar Freiherr von Richthofen gewidmet, der mit 40 Abschüssen an neunter Stelle der Siegerliste der Weltkriegspiloten steht. Voller Andacht stehen wir vor Lothars Ordenskissen, das neben vielen anderen hohen Orden den Pour Le Mérite zeigt, und vor einem Brief, den der Vater des von Lothar abgeschossenen, besten englischen Kriegsfliegers, Albert Ball, an Freifrau von Richthofen geschrieben hat. Wir bestaunen einen schwedischen Degen, ein Zigarettenetui der Kaiserin, Manchettenknöpfe der Kaisers – alles Ehrengeschenke an ihn.

Wir sehen das Modell eines Albatrosflugzeuges, das von Lothar geflogen wurde, einen erbeuteten englischen Stahlhelm, zwei Propeller Lothars, eine Tafel mit Typenschildern abgeschossener englischer Flugzeuge und die Nummern verschiedener englischer Flugzeuge, die von Lothar besiegt wurden. Besonders fesselt uns auch das Porträt Lothars, das Prof. Fritz Reusing geschaffen aht.

Das zweite Zimmer ist dann schon seinem Bruder Manfred gewidmet. Es ist besonders reichhaltig. Wir können jedoch nur ein paar Sachen aufführen. Zum Beispiel enthält ein Biedermeizrschrank größere und kleinere Silberbecher; für jeden abgeschossenen Gegner hat sich Manfred bekanntlich einen solchen Becher selber zum Geschenk gemacht. Jeder der Becher trägt das Datum des Abschusses, den Typ des englischen Flugzeuges und die Namen der Jagdflieger, die Zeugen waren.

Man sieht hier ferner den Becher, den Manfred errang, als er einen Geländeritt trotz gebrochenen Schlüsselbeines siegreich beendete. Originell ist ein Tisch aus Propellerholz, ein aus einem englischen Motor angefertigter Kronleuchter, eine aus einem Motorzylinder gebastelte Glocke. Nicht zählen kann man die englischen Kriegstrophäen und die als Dokumente sehr wertvollen Photos.

Das dritte Zimmer möchte man des Jagdzimmer nennen. Hier hängen verschiedene Jagdbeuten Manfreds. Staunen läßt einen der Kopf eines Wisents, den Manfred bei dem Fürsten Pleß in Pleß geschossen hat. Auch der Kopf eines in Frankreich geschossenen Keilers und eines in Ostpreußen geschossenen Elches sind hier zu sehen. Kurios ist ein Tisch mit Elchfüßen.

Gerührt liest man eine Bestätigung vom 27. Dezember 1910, die da lautet: “Dem königl. preuß. Kadetten Herrn Manfred Freiherr von Richthofen wird hierdurch der Wahrheit gemäß bescheinigt, daß selbiger in Gegenwart von über 100 – meist einwandfreier – Zeugen 20 Hasen und 1 Fasan (männlichen Geschlechts) am heutigen Tage auf der Feldmark Jordansmühl eigenhänidg erlegte und zur Strecke brachte. Die Richtigkeit bescheinigen (es folgen viele Namen).”

Das vierte Zimmer ist ein hochinteressantes Bilderkabinett. Man findet hier Porträts der berühmten Ahnen des “roten Barons”, unter anderen Leopold I. von Dessau, den “Alten Dessauer”, und den Markgrafen Karl Wilhelm Friedrich von Ansbach.

Überwiegend aber sind die Bilder von Manfreds Fliegerkameraden. Wir sehen Exzellens von Hoepnner, während des Krieges mit den Geschäften des Kommandierenden Generals der Luftstreitkräfte beauftragt, Oberst Thomsen, Hauptmann Boelcke, Hauptmann Loerzer, Hauptmann Göring, Leutnant Udet, Leutnant Immelmann und so weiter.

Klopfenden Herzens betritt man dan das anschließende fünfte Zimmer. Als Manfred ein Junge war, wohnte er hier. Jetzt findet man hier das schlichte, schwarze Kreuz, das Manfreds Grab schmückte, als er noch im Feindesland, in Fricourt, begraben war. Rechts und links davon stehen zwei immergrüne Sträucher. Und es ist einem ein Bedürfnis, vor das Kreuz des Helden ein paar frische Blumen zu legen.

Man muß sich an den Anblick des Totenkreuzes mitten im Zimmer erst gewöhnen. Indessen, es hat hier doch einen sehr guten Platz. Besonders feierlich wirkt alles durch die im Hintergrund aufgehängte schöne alte deutsche Kriegsflagge und die vielen Schleifen, die von dem Tag stammen, da Manfreds sterbliche Hülle in Berlin auf dem Invalidenfriedhof beigesetzt wurde.

In diesem Raum findet man auch Manfreds Ordenskissen. Manchen Orden kennt selbst der Laie, kennt selbst der junge Mann, der nicht an der Front war. Diese aber bleiben ihm wie selbst dem alten Frontsoldaten ein Rätsel. Sie kamen aus der Türkei, Bulgarien, Österreich-Ungarn oder von einem der 25  deutschen Bundesstaaten, um den größten deutschen Kriegsflieger auszuzeichnen.

Über der Vitrine mit dem Ordenskissen ist übrigens die Zinkplatte zu sehen, die die Engländer als Erkennungsmarke an Manfreds Sarg befestigt hatten, und die demzufolge acht jahre unter der Erde gelegen hat. Hochinteressant auch die Flugpost und das Bild von Manfreds Grab in Bertangles, die gleich nach Manfreds Beisetzung von den Engländern über der deutschen Linie abgeworfen wurden.

In einem Glasschränkchen sieht man Manfreds letzte Fliegerkappe, seine Uhr und den Abschnallgurt, der ihn gehalten hat, als er die tödlichen Schüsse bekam.

Ein englischer Sanitäter hatte sich ein Stück aus der Leinwand von Manfreds Flugzeug heerausgerissen. Nach dem krieg schickte er dieses mitsamt seiner Armbinde und verehrungsvollen Worten an die Mutter des Helden.

Die erwähnte Kappe aber wurde vom Kommandanten des Kreuzers “Karlsruhe” nach dem Krieg aus Vancouver (kanada) mitgebracht. Ein ehemaliger kanadischer Soldat schickte sie, ebenfalls mit herzlichen Grüßen, der Mutter.

Das hier aufbewahrte Sternenbanner wurde seinerzeit von den Ozeanfliegern Chamberlin und Levine auf das Grab des Helden auf dem Invalidenfriedhof niedergelegt. Alle eindrücke werden noch erweitert durch die Bilder der Beisetzung durch das britische Royal-Flying-Corps in Bertangles.

Ehe wir hinausgehen, werfen wir schließlich noch einen Blick in den großen Glasschrank, der außer den Uniformen Manfreds seinen von vielen Bildern bekannten dicken Fliegerpelz enthält. Neuerdings ist die hochinteressante Schau durch die Öffnung eines weiteren Zimmers ergänzt worden. Hier werden nun Nachrichten über den Tod Manfreds gesammelt und gezeigt. Wir finden die Beileidstelegramme des Kaisers, Hindenburgs und Ludendorffs. Wir sehen englische und französische Zeitungen. Fernerhin allerneueste Briefe von ehemaligen englischen Frontkämpfern, in denen immer wieder beteuert wird, daß Manfred von Richthofen nicht aus der Luft abgeschossen worden sei, sondern vom Erdboden aus.

Und jedermann nimmt sich Zeit, das Originalschreiben des Luftfahrtministers Göring zu studieren, in dem dieser der Freifrau von Richthofen mitteilt, daß der Führer beschlossen habe, das erste Jagdgeschwader der neuen deutschen Luftwaffe nach ihrem unvergeßlichen Jungen zu nennen.

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