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MvR writes ‘Reglement für Kampfflieger’

Event ID: 474

04 April 1918

50.25304237994465, 3.3653950382567883
Avesnes-le-Sec, Cambrai
Avesnes-le-Sec

Source ID: 28

Der rote Kampfflieger von Rittmeister Manfred Freiherrn von Richthofen, 1990 mit Einführung von Nato-Generalsekretär Dr. Manfred Wörner, mit dem 'Reglement für Kamppflieger'.

Im April 1918 entstand ein Bericht Richthofens, der seine bisherigen Erfahrungen als Jagdflieger wie auch als Kommandeur zusammenfaßte. Aufgrund seines bald darauf erfolgten Todes galt dieser Text schnell als ‘Richthofens Vermächtnis’. Zunächst noch im April 1918 auf dem Dienstweg den Fliegertruppen zur Kenntnis gebracht, wurder der Bericht 1938 anläßlich Richthofens 20. Todestages von der Kriegswissenschaftlichen Abteilung der Luftwaffe veröffentlicht – als Richthofens ‘militärisches Vermächtnis’, bzw ‘Testament’. Eine erneute Veröffentlichung (betitelt mit ‘Reglement für Kampfflieger’) erfolgte 1990, zusammen mit Richthofens autobiographischer Schrift, unter dem Titel ‘Der rote Kampfflieger’, mit einer Einführung des damaligen NATO-Generalsekretärs Dr. Manfred Wörner. Die Abbildung zeigt das Anschreiben des Kommandierenden Generals der Luftstreitkräfte vom 19. April 1918, General d.K. Ernst von Hoeppner, zu Richthofens Bericht, eingegangen bei der Inspektion der Fliegertruppen.

Geschwaderflüge.

Boelcke teilte seine zwölf Piloten im Herbst 1916 in zwei Ketten. Er machte jede fünf bis sechs Flugzeuge stark. Sechs bis sieben Flugzeuge lassen sich von einem Führer am besten führen, übersehen und sind am beweglichsten. Im allgemeinen genügt diese Kampfstärke noch heute. Der Engländer hat in bezug auf Geschwaderfliegen die größten Erfahrungen und ist meist ebenso gegliedert.

Bei sehr starkem englischen Flugbetrieb ist man jedoch gezwungen, mit stärkeren Geschwadern zu arbeiten. Ich starte mit 30 bis 40 Maschinen, also ein Geschwaderflug. (Grund: das unterlegene deutsche Jagdflugzeug oder starke Geschwadertätigkeit.)

Die Gliederung bei einem so großen Geschwader ist folgende: Der Geschwaderkommandeur am weitesten voraus und tiefsten, Staffel 1 links, Staffel 2 rechts, Staffel 3 100m über dem Kommandeur, Staffel 4 in Höhe der Staffel 3 als letzte hinter dem Kommandeur, Abstand 150m.

Staffeln richten sich nach ihrem Staffelführer, die Staffelführer nach ihrem Kommandeur. Vor jedem Start muß unbedingt das, was man machen will (z. B. die Richtung, in der ich zuerst fliegen werde), besprochen werden. Die Besprechung vor dem Start ist mindenstens ebenso wichtig wie die nach dem Fluge.

Zu jedem Geschwaderflug gehört eine größere Vorbereitung wie zum Flug innerhalb einer Staffel. Daher ist es erforderlich, daß man vorher den Geschwaderflug ansagt. Also sage ich z. B. am Abend, daß am nächsten Morgen von 7 Uhr ab das Geschwader sich startbereit halten soll. Unter startbereit verstehe ich in diesem Falle: zum Fluge komplett angezogen, jeder Flugzeugführer neben oder in seiner Maschine und nicht etwa in einem Starthaus ohne angezogene Fliegersachen. Die Monteure sind bereit an ihren Maschinen. Die Maschinen aufgebaut fix und fertig zum Start. Da ich nicht wissen kann, ob um 7 Uhr der feindliche Flugbetrieb einsetzt, ist es möglich, daß das ganze Geschwader angezogen eine oder mehrere Stunden auf dem Platze wartet.

Durch telephonischen Anruf (wenn auf verschiedenen Plätzen), durch Glockenschlag (wenn auf einem Platze) wird der Start befohlen. Es startet jede Staffel für sich, als letzter ihr Staffelführer, sammelt die Staffel in niedrigster Höhe (100m) über einem Punkte, rechts oder links von der vorher angegebenen Flugrichtung des Kommanderus. Dann startet der Kommandeur und schlägt gleich die ihm vorher befohlene Richtung ein. Der Kommandeur fliegt, bis sämtliche Staffelführer die vorgeschriebenen Plätze eingenommen haben, stark gedrosselt. Damit die Staffeln nicht durcheinanderkommen, ist es zweckmäßig, jeder Staffel ein Staffelabzeichen zu geben. Das Flugzeug des Kommandeurs muß stark auffallend angestrichen sein. Während des Sammelns darf der Kommandeur keine Kurven fliegen. Er fliegt also möglichst langsam, meist der Front entgegen. Hat sich der Kommandeur überzeugt, daß das Geschwader geschlossen ist, und keine Maschine mehr abhängt, so kann er allmählich beginnen, die Leistungsfähigkeit seiner Maschine auszunutzen.

Die Höhe, in der der Kommandeur fliegt, ist die Höhe, in der das Geschwader zu fliegen hat. Grundfalsch ist, ein Flugzeugführer fliegt 200m höher oder 50m Meter tiefer. In so großem Verbande (30 bis 40 Maschinen) muß der Platz der Staffelführer während des ganzen Fluges innegehalten werden. Es empfiehlt sich, besonders bei Anfängern, auch innerhalb der Staffeln eine Platzordnung zu bestimmen. Die Platzordnung innerhalb der Staffel kann so mannigfaltig sein, daß man dafür schlecht eine bestimmte Vorschrift gibt. Bei einer gut eingeflogenen Kette erübrigt sich eine genaue Platzeinteilung. Ich führe Jagdstaffel 11 am liebsten wie das Feld einer Reitjagd, dann ist es gleichgültig, ob ich kurve, stürze, drücke oder ziehe. Ist die Staffel jedoch nicht so gut eingeflogen, so ist eine Platzordnung angebracht.  Glückt der Geschwaderflug nicht, so ist in 99 Fällen das Führerflugzeug daran schuld. Es richtet sich mit seinem Tempo nach dem langsamsten Flugzeug seines Geschwaders. Die dem Kommandeur am nächsten fliegenden Staffelführer dürfen nicht so eng fliegen, daß dem Kommandeur eine plötzliche Kehrtkurve unmöglich gemacht wird; dieses hindert ihn sehr häufig am Angriff und verdirbt unter Umständen den Erfolg des ganzen Geschwadersfluges. Wird ein feindliches Geschwader gesichtet, so vergrößert das Führerflugzeug sein Tempo. Dieser Augenblick muß von jedem einzeln im Geschwader sofort erkannt werden, damit sich das sehr starke Geschwader nicht auseinanderzieht. Macht der Kommandeur einen Sturzflug, so macht gleichzeitig das ganze Geschwader denselben mit; hierbei sind enge Spiralen zu vermeiden und in großen weiten Kurvenlinien die Tiefe aufzusuchen. Unnötige Kehrtkurven sind zu vermeiden. Bei jeder Kehrtkurve müssen die Ketten die Plätze wechseln. Hierdurch entsteht eine große Unordnung, und es dauert unter Umständen lange, bis die befohlene Formation wieder eingenommen ist.

Fällt der Kommandeur durch unvorhergesehene Fälle aus, so ist sein Vertreter vorher zu bestimmen. Ein Leuchtpistolenzeichen bedeutet die Abgabe der Führung an seinen Stellvertreter.

Ein Nachfliegen von Piloten, deren Motor nicht ansprang, oder dergleichen, ist unzweckmäßig.

Der Zweck eines so starken Geschwadersfluges ist, ein feindliches Geschwader zu vernichten. Angriffe auf Einzelflieger durch den Kommandeur sind in diesem Falle unzweckmäßig. Daher sind derartige starke Geschwaderflüge nur am Platz, wenn bei gutem Wetter reger Flugbetrieb zu erwarten ist. Das günstigste ist, man kann sich zwischen ein durchgebrochenens deindliches Geschwader und die Front setzen. Man schneidet ihm den Weg ab, überhöht es und zwingt es zum Kampf.

Der geschlossene Angriff birgt den Erfolg. Hat sich der Kommandeur entschlossen, den Gegner anzugreifen, so fliegt er auf das Gros des feindlichen Geschwaders zu. Kurz vor dem Angriff verlangsamt er sein Tempo, damit das Geschwader, das durch schnelles Fliegen oder Kurven auseinandergezogen wurde, sich noch einmal sammelt. Jeder einzelne zählt die Zahl der Gegner von dem Augenblick an, wo er gesichtet wird. In dem Moment, wo zum Angriffe übergegangen wird, muß sich jeder davon vergewissen, wo alle feindlichen Flugzeuge sind.

Auf abhängende, feindliche Flugzeuge darf der Kommandeur sein Augenmerk nicht richten, sondern immer dem Gros folgen; diese abhängenden werden von den dahinter fliegenden Flugzeugen vernichtet. Bis dahin hat keiner aus dem Felde an dem Kommandeur vorbei zu fliegen. Die Geschwindigkeit ist durch Drosseln und nicht durch Kurven zu regulieren.

In dem Augenblick aber, wo der Kommandeur durch einen Sturzflug auf das feindliche Geschwader herunterstößt; muß es unbedingt das Bestreben eines jeden einzelnen sein, der erste am Gegner zu sein.

Durch die Wucht des ersten Angriffes und durch den unbedingten Willen eines jeden, zum Kampfe zu kommen, wird das feindliche Geschwader auseinandergerissen. Ist dies geglückt, so ist der Abschuß eines Gegners nur noch Einzelkampf. Dabei besteht die Gefahr, daß sich die einzelnen gegenseitig im Kampfe stören und dadurch manchem Engländer die Gelegenheit gegeben wird, im Kampfgetümmel zu entkommen. Es muß also streng darauf geachtet werden, daß derjenige, der dem Gegner am nächsten ist, nur allein schießt. Sind noch zwei oder mehrere gleichfalls an den Feind auf Schußentfernung heran (100m), so müssen dieselben entweder warten, ob der erste Angreifer durch Ladehemmung u. dgl. am weiteren Kämpfen verhindert ist und abbiegt, oder sich einen neuen Gegner suchen. Grundfalsch und darauf zu achten ist, daß mehrere mit einem Gegner heruntergehen. Ich habe Bilder gesehen, wo etwa 10 bis 15 Apparate sich in den Kampf einmischten und einem Engländer bis auf die Erde folgten, während oben das feindliche Geschwader unbehelligt wieter flog. Unterstützen tut der eine den anderen nicht dadurch, daß er auch mitschießt, sondern sich in Reserve dahinter hält. Haben einzelne im Laufe eines solchen Geschwaderkampfes an Höhe verloren, so warten sie nicht, bis einer der Gegner sich abtrudeln läßt oder im Luftkampfe herunterkommt und hängen sich an diesen schon besiegten Gegner, sondern sie steigen frontwärts fliegend und greifen einen zur Front entweichenden Apparat an.

Durch einen solchen Geschwaderkampf, wenn er geglückt ist und sich in Einzelkämpfe aufgelöst hat, ist das Geschwader zerplatzt. Nicht leicht ist es nun, wiederum sein Geschwader zu sammeln. Es wird in den meisten Fällen nur glücken, einzelne Zersprengte zu finden, der Kommandeur kreist an der Hauptabschußstelle oder über vorher bestimmten, gut markanten Punkten. Die einzlnen hängen sich nunmehr direkt an ihn. Hat er eine genügende Stärke erreicht, so wird der Jagdflug fortgesetzt.

Finden die einzelnen Glieder der Staffel nicht mehr den Anschluß, so müssen diese nach Hause fliegen und dürfen sich nicht vereinzelt an der Front aufhalten, um unnötige Verluste zu vermeiden.

Es ist nicht unbedingt notwendig, feindliche Geschwader zu überhöhen. Es kann der Fall eintreten, wo man sehr hochfliegende feindliche Geschwader nicht mehr übersteigt. Dann hält mann sich mit seinem Flugzeugen in der Nähe der Frontstelle auf, wo man annimmt, daß der Gegner die Front beim Rückfluge überfliegt. Kommt das feindliche Geschwader, so fliegt man unter ihm entlang, durch Sturzflüge mit Vollgas und steiles Ziehen nach oben versuchend, den Gegner zum Kampfe zu locken. Sehr häufig nimmt der Gegner den Kampf an. Besonders der Engländer. Er stößt auf einzelne, meist die letzten, herunter und zieht dann seine Maschine wieder hoch. Wird ein Flugzeug auf diese Weise angegriffen, so entzieht er sich dem Angriff durch Kurven mit Vollgas, während jeder andere bemüht ist, den Gegner in diesem Augenblick zu übersteigen. Meist gelingt es einzelnen im Geschwader, auf diese Weise in die gleiche Höhe des Gegners zu kommen, und man kann versuchen, durch Überziehen im Kurvenkampf dem Gegner die überlegene Höhe abzugewinnen, ihn zu stellen und zum Absturz zu bringen; solche Kämpfe ziehen sich oft minutenlang hin. Dabei muß der Kommandeur dauernd kurven, das Geschwader kommt durcheinander und die befohlene Formation braucht nicht mehr innegehalten zu werden, sondern jeder drängt an den Kommandeur heran und versucht mit seiner Maschine kurvenderweise an Höhe zu gewinnen. Ein Geradeausfliegen ist in diesem Augenblick sehr gefährlich, da der Gegner auf jeden Moment wartet, um unbemerkt aus der Sonne anzugreifen.

Unmittelbar nach jedem Geschwaderflug ist eine Besprechung das wichtigste und lehrreichste. Dabei muß vom Start bis zur Landung alles durchgesprochen werden, was sich während des Fluges ereignete. Fragen der einzelnen können zur Klärung nur sehr nützlich sein.

Übungen im Geschwaderverband sind nicht nötig, wenn jede einzelne Staffel gut eingeflogen ist. Geschwaderflüge innerhalb der Staffeln zu Übungszwecken in der Etappe geben keine Übungen. Sie können nur am Feinde gemacht werden, um lehrreich zu sein.

Was ich mit einem Jagdgeschwader machen kann, läßt sich von einer Jagdgruppe gleichfalls durchführen (MG.-Schießen, Zeichen).

Der Führer.

Von Ketten-, Staffel-, oderr Geschwaderführern verlange ich folgendes:

Er kennt seine Flugzeuge genau. So wie die Staffel auf der Erde ist, so ist sie in der Luft.

Also Vorbedingung:

  1. Kameradtschaft.
  2. Eine straffe Disziplin

Jeder muß ein unbedingtes Vertrauen dem Führer in der Luft entgegenbringen. Fehlt dieses Vertrauen, so ist ein Erfolg von vornherein ausgeschlossen. Das Vertrauen bekommt die Staffel durch vorbildlichen Schneid und durch die Überzeugung, daß der Führer alles sieht und daher sich jeder Lage gewachsen zeigt.

Die Staffel muß sich einfliegen, d.h. nicht an einen Platz gewöhnen oder dgl., sondern jeder einzelne muß so mit den anderen eingespielt sein, daß er schon an der Bewegung des Flugzeuges erkennt, was der Mann am Knüppel machen will, vor allem, wenn der Führer zum Angriff schreitet oder durch starkes Kurven einen feindlichen Angriff von obenher seinen Mitfliegern andeutet.

Ein Zerreißen von solchen gut eingeflogenen Piloten halte ich folglich für sehr gefährlich.

Innerhalb der Staffel hat jeder sein besonderes Abzeichen an der Maschine, am besten am hinteren Teil des Schwanzes oben und unten. Der Führer startet als letzter. Er sammelt seine Kette in niedriger Höhe, nimmt auf die schlechteste Maschine Rücksicht. Beim Sichnähern der Front orientiert er sich über den gesamten Flugbetrieb, feindlichen und eigenen. Dabei darf er nie seine Staffel unbeobachtet lassen. Es wird immer dieser oder jener abhängen. Sie müssen durch Kurven und Drosseln wieder aufgenommen werden.

Abfliegen der Front ist kein Jagdflug, sondern man fliegt an die Front, am besten in die Mitte seines Abschnittes heran und überzeugt sich über den feindlichen Flugbetrieb und sucht von der Front wegfliegend, die Höhe seines Gegners zu erreichen und erneut, dann aus der Sonne her, über die Front zu fleigen und den Gegner anzugreifen. Der Jagdflug besteht daher aus Vorstößen über die Linien und zurück. Ist kein Feind drüben zu sehen, so hat ein Vorstoßen über die Linien auch keinen Zweck.

Der Angriff.

Ich unterscheide Angriffe auf Geschwader und auf Einzelflieger. Letzterer ist der einfachste. Ich lauere auf Artillerieflieger, die meist nur jenseits und nicht in allzu großer Höhe herumfliegen. Fünf, sechs oder zehn solcher Einzelflieger behalte ich auf einmal im Auge, beobachte ihre Höhe und Wechsel, ob sie hochfliegende Schutzflugzeuge haben oder nicht, fliege dann von der Front ein Stück weg und komme in etwas größerer Höhe wie das feindliche Flugzeug, das ich angreifen will, wieder an die feindlichen Linien. Während ich mich von der Front entferne, muß ich dauernd den Gegner ungefähr im Auge behalten. Der günstigste Moment zum Angriff auf solche Artillerieflieger ist der, wenn der Gegner von jenseits kommend auf die Front zufliegt. Dann stürze ich mich, die Windverhältnisse berücksichtigend (Ost-West), aus der Sonne heraus in einem Sturzflug auf ihn. Wer zuerst am Feinde dran ist, hat das Vorrecht zu schießen. Die ganze Staffel geht mit runter. Ein sogenanntes Decken in größerer Höhe ist eine Bemäntelung der Feigheit. Hat der erste Ladehemmung, so kommt der zweite dran, dann der dritte usw. Niemals schießen zwei zur gleichen Zeit. Hat der Artillerieflieger aufgepaßt und ist die Überraschung nicht geglückt, so wird er in den meisten Fällen in Sturz- und Kurvenflügen niedrigste Höhe aufsuchen. Dann nachzustoßen ist meist nicht mit Erfolg begleitet, da ich einen kurvenden Gegner nie treffen kann. Auch hat es keinen praktischen Wert, ihn nur zu vertreiben, in spätenstens fünf Minuten kann er seine Tätigkeit wieder fortsetzen. Ich halte es für besser, in diesem Falle abzulassen, wieder von der Front fortzufliegen und das Manöver zu wiederholen. Ich habe oft erst beim dritten Angriff den englischen Artillerieflieger zur Strecke gebracht.

De Geschwaderkampf diesseits ist meist erfolgreicher, da ich einen Gegner zur Landung zwingen kann. Geschwaderkampf jenseits ist das schwerste, besonders bei Ostwind (auf dem westlichen Kriegsschauplatz). Dann darf der Führer sich nicht verbeißen, da er sonst mit starken Verlusten rechnen muß. Solange ich offensiv bleiben kann, kann ich jeden Geschwaderkampf auch jenseits annehmen. Mit einer besonders gut eingeflogenen Staffel kann ich auch gegen einen überlegenen Feind von oben und jenseits angreifen. Ist der Einsitzeer in die Defensive gedrängt, also hat er Ladehemmung, ist er abgekommen von der Staffel oder ist der Motor zerschossen, die Maschine defekt, sehr tief heruntergekommen u. dgl., so ist er weit jenseits gegen einen überlegenen Gegner, der ihn energisch angreift, wehrlos.

Der  Führer darf einem durchgebrochenen Geschwader nicht nachfliegen, sondern schraubt sich zwischen Front und Gegner hoch, bis er ihn überstiegen hat, und schneidet dann dem Gegner den Rückweg ab. Bricht das feindliche Geschwader weit durch, so besteht die Gefahr, es aus den Augen zu verlieren. Daß dieser Fall nicht eintritt, ist Sorge des Staffelführers. Nähere ich mich dem Feind, so zähle ich die einzelnen Flieger. Dadurch vermeide ich, im Moment des Angriffs überrascht zu werden. Während des Kampfes darf der Führer nicht die Übersicht über die eigenen Ketten und das feindliche Geschwader verlieren. Diese Volkommenheit ist nur zu erreichen in häufigen Geschwaderkämpfen. Sehen ist Vorbedingung und die Hauptsache eines Kettenführers.

Wie bilde ich mir Anfänger an?

Unter meiner Führung haben sechs Pour le mérite-Ritter den ersten bis zum zwanzigsten abgeschossen. Bevor ich den Anfänger gegen den Feind fliegen lasse, muß er sich die Inneneinrichtung seines Flugzeuges so zurecht machen, wie es ihm am besten liegt.

Die Hauptsache für einen Jagdflieger ist das MG. Er muß es so beherrschen, daß er an der Ladehemmung erkennt, was der Grund dazu war. Wenn ich nach Hause komme und hatte Ladehemmung, so kann ich dem Monteur meistens genau sagen, an was es gelegen hatte. Die MG’s werden auf dem Stand so lange eingeschossen, bis sie auf 150m zwei parallel liegende Fleckschüsse haben. Das Visier ist folgendes: Hat der Pilot auf dem Stand sein MG, persönlich eingeschossen, so übt er sich im Zielen aus der Luft, bis er darin eine große Fertigkeit hat.

Der Pilot, nicht der Waffenmeister oder Monteur, ist dafür verantwortlich, daß sein MG einwandfrei schießt. Laderhemmungen gibt es nicht! Kommen sie vor, so ist nur der Flugzeugführer derjenige, dem ich den Vorwurf mache.Ein gut schießendes MG ist besser als ein gut laufender Motor.

Beim Gurten hat er sich davon zu überzeugen, daß jede einzelne Patrone mit einem Milimeterstab genau nachgemessen wird. Die Zeit muß dazu gefunden werden (schlecht Wetter, bei guten Wetterperioden die nacht).

Auf das Fliegen selbst lege ich bedeutend weniger Wert. Ich habe meine ersten zwanzig abgeschossen, als mir das Fliegen selbst noch die größten Schwierigkeiten bereitete. Ist einer ein Flugkünstler, so schadet es nichts. Im übrigen ist mir derjenige lieber, der nur linksrum fliegen kann, aber an den Feind rangeht, wie der Sturz- und Kurvenflieger aus Johannisthal, der dafür zu vorsichtig angreift.

Ich verbiete über dem Flugplatz folgende Übungen: Looping, Abtrudeln, Kurven in niedriger Höhe.

Wir brauchen keine Luftakrobaten, sondern Draufgänger.

Ich verlange Zielübungen während des Fluges und in großer Höhe enge Kurven mit Vollgas.

Genügt mir der Pilot in all den Besprochen Punkten, so macht er sich durch Abbildungen mit allen an der Front vorhandenen Type vertraut.

Er kennt das Gelände ohne Karte und den Verlauf der Front in- und auswendig. Große Orientierungsflüge, auch bei schlechtem Wetter, müssen in der Heimat viel mehr geübt werden.

Entspricht er den Anforderungen, so fliegt er die ersten Male 50m links hinter mir und achtet auf seinen Führer.

Für einen Anfänger ist es mindestens ebenso wichtig zu wissen, wie er es machen muß, um nicht abgeschossen zu werden. Die größte  Gefahr für einen Einsitzer ist der überraschende Angriff von hinten. Eine sehr große Anzahl unserer besten und auch erfahrendsten Jagdflieger wurde überrascht und von hinten abgeschossen. Der Gegner sucht den günstigsten Augenblick heraus, um das hinterste Flugzeug einer Kette anzugreifen. Er stürzt sich aus der Sonne kommend auf ihn und kann mit wenigen Schuß den Absturz verursachen. Jeder muß unbedingt seine Hauptaufmerksamkeit nach hinten richten. Von vorn ist noch nie einer überrascht worden. Auch während eines Kampfes muß man ganz besonders darauf bedacht sein, nicht von hinten angegriffen zu werden. Wird ein Anfänger doch einmal von hinten überrascht, so darf er unter keinen Umständen durch Drücken dem gegner zu entkommen versuchen. Das beste und meiner Ansicht nach einzig richtige Mittel ist ein plötzliche, sehr enge Kehrtkurve und dann so schnell wie möglich zum Angriff übergehen.

Der Einzelkampf.

Jeder Geschwaderkampf löst sich auf in Einzelkämpfe. Mit einem Satze könnte man das Thema “Lufkampftaktik” erledigen, nämlich: “Ich gehe bis auf 50m an den Feind von hinten heran, ziele sauber, dann fällt der Gegner.” Das sind die Worte, mit denen mich Boelcke abfertigte, als ich ihn nach seinem Trick fragte. Jetzt weiß ich, daß das das ganze Geheimnis des Abschießens ist.

Man braucht kein Flugkünstler oder Kunstschütze zu sein, sondern nur den Mut zu haben, an den Gegner bis auf nächste Nähe heranzugehen.

Ich mache nur einen Unterschied zwischen Einsitzern und Zweisitzern. Ob der Zweisitzer ein RE oder ein Bristl-Fighter, der Einsitzer eins SE 5 oder ein Nieuport ist, ist volkommen gleichgültig.

Den Zweisitzer greift man mit großer Geschwindigkeit genau in seiner Flugrichtung von hinten an. Der MG.-Garbe des gewandten Beobachters kann man nur dadurch entgehen, daß man die Ruhe behält und den Beobachter mit den ersten Schüssen kampfunfähig macht. Geht der Gegner in die Kurve, so muß ich aufpassen, niemals über das feindliche Flugzeug zu kommen. Ein längerer Kurvenkampf mit einem vollkampfkräftigen wendigen Zweisitzer ist der schwerste. Ich scieße nur, wenn der Gegner geradeaus flieft oder noch, wenn er zur Kurve ansetzt. Niemals aber genau von der Seite oder wenn das Flugzeug auf dem Flügel liegt. Es sei denn, ich versuche ihn durch Schreckschüsse (Phosphorstreifen) zu beunruhigen. Einen Zweisitzer von vorn angreifen, halte ich für sehr gefährlich. Erstens trifft man den Gegner nur sehr selten. Völlig kampfunfähig macht man ihn fast nie. Dagegen bin ich erst in der MG.-Garbe des starren Gewehrs und dann in der des Beobachters. Habe ich unter den Zweisitzer durchgedrückt und will dann eine Kurve machen, um mich in seine Flugrichtung zu setzen, so biete ich in den Kurven dem Beoabachter die beste Zielscheibe.

Wird man von einem Zweisitzer von vorn angegriffen, so braucht man deswegen nicht auszureißen, sondern man kann versuchen, in dem Augenblick, wo der Gegner über einem wegfliegt, seine plötzliche Kehrtkurve unter dem feindlichen Flugzeug zu machen. Hat der Beobachter nicht aufgepaßt, so kann man den Gegner von unten anziehend bequem abschießen. Hat er aber aufgepaßt und man liegt, während man die Kehrtkurven machte gut in seiner Garbe, so ist es zweckmäßig, nicht in der Garbe des Beobachters weiterzufliegen, sondern abzubiegen und neu anzugreifen.

Der Einzelkampf gegen Einsitzer ist weitaus der leichteste. Bin ich mit einem Gegner allein und diesseits, so kann mich nur noch Ladehemmung und Motor- (Maschinen-) Defekt daran hindern, den Gegner abzuschießen.

Das Einfachste ist, einen Einsitzer von hinten zu überraschen, was sehr oft glückt. Hat er aufgepaßt, so beginnt er sofort zu kurven. Dann kommt es darauf an, die engeren Kurven zu machen und über dem Gegner zu bleiben.

Ist der Kampf diesseits oder jenseits mit günstigen Winde, so endet ein solcher Kurvenkampf damit, daß man den Gegner diesseits bis auf die Erde heruntergedrückt hat. Dann muß sich der Gegner entscheiden, ob er landen will, oder es riskieren, geradeaus zu fliegen, um nach seiner Front zu entkommen. Tut er letzteres, so sitze ich hinter dem geradeaus fliegenden und kann ihn bequem abschießen.

Werde ich von einem Einsitzer von oben angegriffen, so muß ich mir zum Grundsatz machen, nie Gas wegzunehmen, sondern alle Kurven, auch Sturzflug, mit Vollgas zu machen. Ich kurve dem Gegner entgegen und versuche, durch Ziehen in der Kurve die Höhe des Feindes zu erlangen und ihn zu überziehen. Dabei darf ich den Gegner niemals in meinen Rücken kommen lassen.Habe ich ihn überzogen, so ist der Verlauf des Kampfes wie bei dem ersten. Einen Einsitzer kann man von vorn angreifen. Trotzdem glaube ich, daß die Abschüsse von vorn, auch bei Einsitzern, zu den Seltenheiten gehören, da der Augenblick, wo man sich auf Kampfentfernung gegenübersteht, nur Teile von Sekunden sind.

Allgemeine Grundsätze.

  1. Bei einem Angriff von hinten mit großer Fahrt ist darauf zu achten, daß ich den langsameren Gegner niemals überspringe. Tue ich das, so mache ich den größten Fehler. Im letzten Augenblick muß die Geschwindigkeit des eigenen AZpparates auf die des Gegners eingestellt werden.
  2. Man soll sich nie verbeißen in einen Gegner, den man durch schlechtes Schießen oder dessen gewandtes Kurven nicht zum Abschuß bringen kann, wenn der Kampf sich weit jenseits abspielt und man allein einer größeren Zahl von Gegner gegenübersteht.

Der Einsatz.

Den Einsatz kann meines Erachtens nur ein mitfliegender Jagdflieger bestimmen; wir brauchen deswegen auch ältere Offiziere für die Jagdfliegerei.

Bei einer Abwehrschlacht halte ich es für das beste, daß jeder Gruppe eine Jagdgruppe zugeteilt wird. Diese Jagdgruppe ist nicht gebunden durch den engen Gruppenabschnitt, hat aber als Hauptaufgabe, den Arbeitsfliegern ihre Tätigkeit zu ermöglischen und ihnen in Ausnahmefällen unmittelbaren Schutz zu gewähren.

Das A.O.K. verfügt außerdem über eine große Zahl von Jagdstaffeln (Geschwadern), denen unbedingt freie Jagd gelassen werden muß, und deren Einsatz durch den feindlichen Flugbetrieb bestimmt wird. Vermittels Luftschutzoffizieren und ein großes telephonisches Nachrichtennetz und Funkentelegraphie werden sie über den feindlichen Flugbetrieb auf dem laufenden gehalten.

Diese A.O.K.-Kräfte dürfen nicht durch Schutzflüge, Begleitflüge oder Sperrflüge verzettelt werden. Ihren Einsatz regelt der Geschwaderkommandeur nach Weisung des Kofl.

Bei Durchbruchschlachten und Bewegungskrieg.

Zum Durchbruch selbst müssen die gesamten Jagdflieger einer Armee unter einen Hut gefaßt werden und sich an einen genauen Befehl, Ort und Zeit, nicht aber Höhe halten, damit für die Zeit des Sturmes und der Vorbereitung die Truppe durch die Luftstreitkräfte unmittelbar unterstützt wird.

Geht die Durchbruchschlacht in den Bewegungskrieg über, so wäre ein Einsatz nach Stundenplan unbedingt zu verwerfen. Auch nicht durch startbereit auf dem Platze stehen fallen die Engländer herunter, sondern nur durch sehr häufiges Fliegen.

Wird ein Flughafenwechsel vorgenommen, so müssen von dem Augenblick an jede Jagdgruppe oder Geschwader selbständig arbeiten, da jegliche telephonische Verbindung so gut wie unmöglich ist. Durch die in der Nähe liegenden Generalkommandos werden sie über die Lage stündlich auf dem laufenden erhalten. Weiß der Jagdflieger nicht den genauen Verlauf der Front, so kann er unmöglich niedrig fliegende Infanterieflieger bekämpfen.

Über die Luftlage orientiert er sich durch den Luftschutzoffizier, der den Bewegungen der Truppe folgt und durch Funkspruch mit dem Geschwaderkommandeur verbunden ist. Es muß den Jagdgruppen selbständiges Handeln in bezug auf Einsatz gelassen werden.

Das Einzigste, was in der Armee jeden Tag für den abderen Tag befohlen werden mÜßte, ist:

  1. Der erste Start mit Tagesgrauen. Grund: Dadurch ist den anderen Stafflen die Möglichkeit gegeben, sich auszuschlafen;
  2. Der Mittagsstart von 1 bis 2. Grund: Verlange ich ein dauerndes Starten gegen den Feind von meinem Jagstaffeln, so brauchen diese für eine Stunde am Tag Ruhe, um sich auszuruhen.
  3. Der dritte befohlene Start ist der letzte Start vor Einbruch der Dunkelheit. Dieser ist notwendig, da spät abends es praktisch ist, nicht mehr zu fliegen, sondern seine Maschine für den kommenden Tag startbereit zu machen. In der Zwischenzeit ist freie Jagd die einzige Möglichkeit, um der Infanterie Erleichterung zu schaffen.

Unter freier Jagd ist zu verstehen, nicht ein Jagen bei Nachtbararmeen oder in der Etappe, sondern ein Vernichten des Feindes, auch in niedrigster Nähe auf dem Schlachtfelde der Infanterie, und so häufig fliegen, wie man es nur irgend mit seinen Staffeln schafft.

gez.: Freiherr v. Richthofen.

 

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